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400 Jahre Geschichte – Altstadtwohnung

Modernes Wohnen hinter alten Mauern mit Charme
Altstadtwohnungen haben ihren Charme und ihren ureigenen Charakter, doch auch ihre Tücken. Der Liebreiz längst vergangener Jahre lässt sich oft nicht mehr mit dem Standard von heute vereinbaren. Zwar ermöglicht die Verbindung zwischen Alt und Neu eine besonders behagliche Atmosphäre. Doch die Grundausstattung, wie zum Beispiel die sanitären Einrichtungen und die gesamte elektrische Anlage, ist technisch veraltet und nicht mehr reparabel. Also muss der Eigentümer investieren, vor allem, wenn er die Eigentumswohnung selbst bewohnt. Was oftmals fehlt, sind fachkundige Berater und Planer, die wissen, wie mit diesen Objekten umgegangen werden muss. Dass es aber solche kompetenten Berater sehr wohl gibt, zeigt das hier beschriebene Objekt.

Es galt, eine Wohnung in der Altstadt von Brixen (Südtirol) zu sanieren. Das Architekturbüro Fuchsundpeer übernahm die Planung der stark sanierungsbedürftigen alten Wohnung, die sich in einem historischen Mehrfamilienhaus befindet. Sie sollte sich in eine moderne, lichtdurchflutete Wohnung verwandeln und so für die vierköpfige Familie einen modernen Wohnraum schaffen. Die Außenansicht durfte nicht verändert werden.

Die Gebäudesubstanz stammt vom Anfang des 17. Jahrhunderts, mehr als 400 Jahre Geschichte stecken in den Mauern und ließen den Charme der vergangenen Zeit gar nicht mehr erkennen«, berichtet Architekt Karlheinz Peer.

Heute bietet eine moderne Gebäudetechnik Komfort und Sicherheit: Eine hochwertige Dämmung und dreifach verglaste Fenster sorgen zum Beispiel für ein Plus an Energieeffizienz. Frühere Sanierungsphasen haben mehr geschadet als genutzt und das Erscheinungsbild der Wohnung verändert.

Zunächst haben wir die Wohnung entkernt und Wände, die nicht aus Denkmalschutzgründen stehen bleiben mussten, entfernt – so konnten großzügigere Räume entstehen. Im zentralen Flur haben wir das teilweise zerstörte, aber wunderschöne Kreuzgewölbe wieder ergänzt.«

Dieses Gewölbe im Flur und im heutigen Badezimmer verleiht den Räumen ihre ganz individuelle Ausstrahlung. Durch eine reduzierte geometrische Einrichtung und eine Raumhülle komplett in Weiß kommen die Räume jetzt wirkungsvoll zur Geltung. Gezielt und gewollt markant wurden Akzente mit Holz gesetzt, und zwar mit einem stark strukturierten Nussholz. Den Wohnbereich wollte die Familie ursprünglich noch weiter öffnen, doch aus Sicht der Denkmalpflege war das nicht möglich. Dennoch – oder gerade deshalb – überzeugt das Ergebnis: Das enge Zusammenspiel von Architekt, Bauherr und Denkmalamt hat die Planung und Sanierung positiv beeinflusst. Heute fühlen sich alle Familienmitglieder im neuen Zuhause wohl.

Eine besondere Wohnung mit heller, großzügiger und offener Anmutung ist entstanden und der individuelle Charakter und die Geschichte des Hauses leben in ihr weiter. Zum Garten hin waren vor etwa 50 Jahren zwei Gebäudeteile hinzugekommen, die aus denkmalpflegerischer Sicht als nicht erhaltenswert eingestuft wurden. Sie wurden nun abgerissen und durch moderne Sichtbetonkuben ersetzt, welche die Kubatur der früheren Anbauten aufgreifen. Die konstruktiven Bauteile wurden in Ortbeton mit Stahlsäulen ausgeführt, die Fassaden in Sichtbeton mit Kerndämmung. Die Außenwände sowie die Fenster und Dächer sind hoch wärmegedämmt. Hier sind unter anderem die Kinderzimmer und das Masterschlafzimmer untergebracht, dazwischen ist eine Terrasse entstanden, auf die man vom Wohnbereich aus gelangt. Die Akzentuierung mit Nussbaumholz erfolgt durch imposante Einbauten, wie das maßgefertigte Bett mit Überbau im elterlichen Schlafzimmer und die Einbauschränke im Wohn- und Essbereich, in die flächenbündige Türen integriert wurden. Diese Holzarbeiten und der offene Kamin im Wintergarten bringen Wärme in das ansonsten eher kühle Ambiente, das auch durch den glatt gestrichenen weißen Fußboden aus Sichtestrich geprägt wird. Die Bauleitung übernahm ein Ingenieurteam, neben der Tragwerksplanung verantwortete es auch die Gebäudetechnik inklusive Heizung und Lüftung.

Mit der Sanierung haben sich die Bauherren auch für die Erneuerung der Elektroinstallation und ein zukunftsfähiges Bussystem entschieden. In einem HomeServer laufen alle Informationen zusammen: Der Server bekommt beispielsweise von der Wetterstation auf dem Dach, von Temperaturfühlern und CO²-Sensoren die Informationen, diese werden ausgewertet und logische Befehle werden an sogenannte Aktoren gesandt. Meldet zum Beispiel der CO²-Sensor eine geringe Raumluftqualität, wird automatisch die Lüftung aktiviert. Dabei handelt es sich um eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Weitere hilfreiche Dienste leistet die Haustechnik: Mit einer Zeitprogrammierung startet am Abend die Gartenbewässerung – meldet die Wetterstation allerdings Regen, wird nicht gegossen.

Mit Tastsensoren werden nicht nur einzelne Leuchten an- und ausgeschaltet, hier sind auf einen Tastendruck ganze Beleuchtungsszenen hinterlegt. Da auch ein Multiroom-Musiksystem von Sonos eingebunden ist, kann über die Tastsensoren die Lieblingsmusik vom zentralen Server abgerufen werden, auch einzelne Radiosender sind wählbar. Ebenfalls praktisch: An der Wohnungstür ist eine helle Beleuchtungsszene fürs Putzen hinterlegt und mit einem einzigen Knopfdruck lassen sich beim Verlassen der Wohnung alle definierten Energiequellen und Leuchten ausschalten. Mit einer Heizungs-Einzelraumregelung wird auf den Tastsensoren auch die Temperatur angezeigt und bei Bedarf geändert. Bedient wird zudem zentral an einem großen Touchdisplay oder dank HomeServer-App auf den mobilen Geräten wie Smartphone oder Tablet – in der Wohnung oder von unterwegs. Die Steuerung über das Interface ist kinderleicht: Intuitiv lassen sich die Leuchten auf einen gewünschten Wert dimmen, die Temperatur erhöhen oder die Jalousien bewegen. Diese fahren übrigens an heißen Tagen und bei direkter Sonneneinstrahlung auch automatisch herunter und bei starkem Wind wieder hoch. Die Türkommunikation mit Videofunk­tion sorgt für Sicherheit: So kann die Familie, insbesondere die Kinder, sehen, wer an der Tür klingelt. So kann man auch mit der Person sprechen und öffnen – oder auch nicht.

Da die Türkommunikation über einen IP-Gateway eingebunden ist, wird der Türruf auch mobil via Skype auf dem Handy oder am PC im Büro empfangen. Fazit: Eine äußerst gelungene Sanierung, klar strukturiert und präzise in der Linienführung. Große Glasflächen an den Fensterfronten und Glas-Schiebtüre im Inneren der Wohnung verschaffen Transzendenz, Offenheit und zugleich Großzügigkeit. Mut zum Neuen, ohne das Alte zu vernachlässigen!

Architekturbüro | FuchsundPeer (Nachfolger) www.peerplus.eu Elektrotechnik | Elektro Josef Graber www.elektrograber.com Ingenieurbüro | Bergmeister www.bergmeister.it Haustechnik, Schalter, HomeServer, Türkommunikation, Touchdisplay, CO²-Sensor | Gira Giersiepen GmbH & Co. KG, www.gira.de

Text | Marianne Brandenburger
Fotograf | Jürgen Eheim