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Populisten: der Anfang vom Ende? Lernen wir nie hinzu?

Wie die Ereignisse in Wien zeigen, sind es insbesondere die Populisten, die den Staat als Selbstbedienungsladen ansehen. Doch verallgemeinern lässt sich dies nicht, auch die etablierten Politiker sind keine Heiligen! Die weiteren Ereigniss in Italien werden nicht lange auf sich warten lassen!

Das Gezerre in England bezüglich des Brexits ist auch zum großen Teil dem Einfluss von Populisten zu verdanken. In fast allen europäischen Ländern sind die meist im rechten Spektrum angesiedelten Parteien auf dem Vormarsch, manche sitzen sogar in der Regierung. Unentschlossenheit, wachsweiche und unklare Aussagen der gewählten politischen Klasse einerseits und wachsende Unzufriedenheit der Bürger andererseits begründen den Erfolg einfacher und dumpfer Parolen und die Empfänglichkeit vieler Menschen dafür. Doch konstruktive Lösungen zu den sicherlich großen gesellschaftspolitischen Aufgaben sind von diesen sich lautstark und wortgewandt artikulierenden Populisten bislang nicht zu hören.

Ganz im Gegenteil! Wollen wir wirklich vor der drängenden Armut der Menschen die Augen verschließen, vor der Not der Flüchtlinge weltweit, aber auch der Bedürftigkeit vieler Menschen hierzulande? Haben wir uns aus lauter Bequemlichkeit abgewöhnt, Mitleid und Empathie zu empfinden? Warum gehen wir ignorant darüber hinweg, dass unser Wohlstand eng gekoppelt ist an die rücksichtslose Ausbeutung der Menschen in der Dritten Welt? Wir feiern große christliche Feiertage, wie aber leben wir christliche Werte im Alltag? Wollen wir uns angesichts der Frage nach Mitmenschlichkeit und Solidarität wegducken und den Ewiggestrigen die Meinungshoheit überlassen? Und brauchen wir wirklich ein Kreuz als Symbol, um christliche Werte in den bundesdeutschen Amtsstuben zu dokumentieren? Oder steckt hier nur politisches Kalkül dahinter?

Europa steht vor allem für ethische Werte: Wo sind diese sichtbar, wenn wir uns den Orbáns, Kaczynskis oder Erdogans unterordnen, denjenigen, die nur die Vorteile der Gemeinschaft ausschöpfen, aber nichts für diese hineingeben wollen? Sollen diese Herren bestimmen, welche Werte Europa repräsentieren soll? Momentan hat es den Anschein, als ob wir uns schamlos erpressen lassen: Tatenlos sehen wir zu, wie die Menschenrechte vor allem in der Türkei mit Füßen getreten werden, wie sogar Krieg gegen die Kurden geführt wird – und dies auch noch mit deutschen Waffen. Welchen wirtschaftlichen Niedergang muss das türkische Volk noch erleiden, um zu erkennen, dass es einem Egozentriker folgt, der das Land von einer Krise zur nächsten führt?

Doch nicht nur die Türkei verdient Kritik, wir selbst erkaufen uns unser gutes Gewissen, indem wir Drittstaaten als sicher erklären, und zahlen lieber viele Millionen dorthin, wo es in dunkle Kanäle versickert – mit dem Erfolg, dass die Menschen aufs Unwürdigste behandelt, geschlagen, gefoltert, missbraucht und verschleppt werden. Ist dies unsere moralische Errungenschaft im 21. Jahrhundert? Aus welchen Gründen fürchten wir uns so sehr vor Flüchtlingen? Warum gestatten wir Flüchtlingen keine geregelte Einreise in die EU respektive nach Deutschland? Die Aufnahme von Flüchtlingen ist ein Gebot der Solidarität, aber wir brauchen sie auch aus demografischen Gründen, um unseren Wohlstand in Zukunft zu bewahren!

Kann sich die EU nicht endlich wieder selbstbe-stimmt und selbstbewusst als eine Einheit präsentieren? Ihr hochbezahltes Personal neigt dazu, sich mit Sonntagsreden zu begnügen, statt eine pragmatische Politik auf die Beine zu stellen. Doch wir brauchen keine Schulmeister, wir brauchen Politiker, die das Geld wert sind und wissen, was sie tun, statt den Schaden noch zu mehren! Wir hoffen, dass es bei der bevorstehenden Europawahl keinen eindeutigen Rechtsruck gibt, denn dann wären die Lösungen, die wir dringend brauchen, noch schwieriger zu erzielen.

Marianne und Jürgen Brandenburger