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Robert Michel (links), Premium-Badplaner, Geschäftsführer, Michel Bäder GmbH, München,
im Gespräch mit Jürgen Brandenburger in den Showrooms von Michel Bäder.
Fotograf | Ortwin Klipp

Individuelle Badplanung: Bedürfnisse & Wünsche

Die sanitäre Industrie kommt fast jedes Jahr mit neuen Produkten auf den Markt. Was war für Sie in den letzten Jahren das innovativste Produkt?

Aus meiner Sicht ist die Entwicklung und die Verarbeitung von Mineralwerkstoffen eine der wichtigsten Innovationen im Sanitärmarkt. Die Flexibilität dieses Materials bietet beim richtigen Einsatz völlig neue Planungsmöglichkeiten. Die Akzeptanz ist inzwischen im Markt beim Endkunden gegeben.

In Premium-Bädern werden häufig Sanitärobjekte von italienischen Designmarken eingesetzt, obwohl diese oft wesentlich teurer sind. Was unterscheidet das deutsche Produktdesign vom italienischen?

Italienische Hersteller reagieren meist schneller auf Trends. In der Regel bieten die Italiener eine größere Bandbreite an Farb-, Material- und Maßmöglichkeiten an. Das Erscheinungsbild ist wesentlich emotionaler als bei der deutschen Industrie. Qualitativ sehe ich keine Unterschiede zu deutschen Herstellern.

Die moderne Badgestaltung wird immer kubischer und lehnt sich meistens stark an den Bauhausstil an. Retro-gestaltete Bäder oder gar Bäder im Landhausstil sind im Premiumbad kaum noch anzutreffen. Woran liegt das?

Das ist so nicht ganz richtig. Sicherlich hatte der toskanische Landhausstil Mitte der 90er-Jahre seinen Zenit und ist weitgehend verschwunden. Jedoch finden heute sehr häufig wieder verspieltere Formen sowie stärkere Materialien ihren Einsatz. Das ganz reduzierte Design wird eher selten gewünscht. Gerne setzen wir heute kräftige Natursteine sowie Armaturenoberflächen wie Kupfer und Bronze ein. Retrobäder mag ich persönlich, sofern gut gemacht, sehr gerne. Allerdings ist die ganze Bandbreite der verfügbaren Technik (Dusch-WC, UP-Thermostat, Regenhimmel etc.) in einem Retrobad eher schwierig konsequent umzusetzen.

Armaturen werden immer aufwendiger, Brausen immer raffinierter, das Design ist manchmal minimalistisch, aber auch opulent. Was muss eine Armatur mitbringen, um von Ihnen eingesetzt zu werden?

Die Auswahlkriterien für eine einzusetzende Armatur sind wirklich schwierig. Grundsätzlich sind mir hier mehrere Faktoren wichtig.

Beginnen wir bei der Produktion. Mir ist hier das Herkunftsland und der Produktionsstandort wichtig. Armaturenprodukte zweifelhafter Herstellung lehne ich ab. Aufgrund individueller Kundenwünsche benötige ich eine gewisse Produktband­breite der Serien. Auch das schränkt die Auswahl etwas ein. Schallschutz, technische und lebensmittelunbedenkliche Ausführung sind selbst­verständlich. Durch die zunehmende technische Komplexität ist ein gut funktionierender Service der Herstellerfirmen ebenso zwingend nötig. Der Fachhandwerker ist hier im Servicefall häufig überfordert. Letztendlich ist das Design wohl der wichtigste Faktor.

Die Ausstattung der heutigen Bäder wird immer aufwendiger, Digitalisierung und Smarthome, um hier nur zwei Begriffe zu nennen, erschließen immer mehr den Hygiene- und Rückzugsort Bad. Was ist Ihrer Meinung nach sinnvoll und was eher Spielerei?

Das ist eine Frage, die man differenziert betrachten muss. Eine Zusammenführung der Technik auch im Bad ist sicherlich häufig sinnvoll und gewünscht. Ein Wellness-Szenario im Bad in Abhängigkeit von Licht, Musik und Wasser finde ich reizvoll. Hier bietet die deutsche Industrie tolle Lösungen, die schlüssig umzusetzen sind. Die tägliche, oft schnelle Badezimmernutzung kann ich mir nur schwer automatisiert vorstellen. Die Bereitschaft für die Technik und der Umgang mit ihr werden beim User gewiss in den nächsten Jahren zunehmen.

In private Spa- und Wellness-Refugien, selbst auf kleinem Raum, halten immer öfter multimediale Bildschirme Einzug, obwohl es ein Ort der Ruhe und Besinnlichkeit sein sollte. Was ist Ihre Meinung dazu?

Ja und Nein: Ich persönlich habe bei der Saunanutzung gerne meine Ruhe und genieße die Wärme. Viele Kunden lassen sich aber auch beim Saunagang durch Musikvideos und Konzerte unterhalten. Daher stelle ich mich hier ganz klar hinter den Kundenwunsch.

Ab welcher Größe kann man ein Bad gut planen?

Wie groß sollte ein Bad mindestens sein? Für welches Bad? Ein vernünftiges Masterbad sollte über eine Fläche von mindestens 12 bis 14 m2 verfügen. Ein Duschbad ist häufig schon mit 6 bis 7 m2 gut zu lösen.

Was ist einfacher zu planen: ein besonders großes oder ein besonders kleines Bad?

Sagen wir so: Grundsätzlich kann man mit jeder Raumgröße eine schöne Lösung finden. Wichtig ist ein sinnvolles, dem Raum entsprechendes Anforderungsprofil. Einen kleinen Raum darf man nicht überladen, für einen sehr großen Raum benötige ich schon einige Ausstattungsmerkmale, um ein angenehmes Ambiente zu schaffen. Einfacher sind große Räume.

Welchen Anspruch hat ein Kunde, wenn er zu Ihnen kommt und ein Bad geplant haben möchte?

Unser Kunde hat den Anspruch auf eine individuelle Badezimmerlösung. Diese ist von mehreren Faktoren abhängig. Themen sind hier persönliche Gewohnheiten, Abhängigkeit von Architektur und Materialien, täglicher Pflegeaufwand der Ausstattung, Budget etc. Es geht hier häufig um Vertrauen und vor allem um neutrale Produktberatung. Wir bieten hier die Schnittstelle zum Fachhandwerker. Ein Bad sollte passen wie ein Maß­anzug. Ich denke, dafür sind wir bekannt und werden geschätzt.

Gibt es markante Regeln der Ergonomie und Ökologie, die zu beachten sind?

Ergonomie – selbstverständlich! Ausreichender Bewegungsraum und kurze Wege im Badezimmer sollten immer berücksichtigt werden – dies wird häufig unterschätzt. Gerade in Badezimmern, die familientauglich geplant werden müssen, ist das ein großes Thema. Ebenso ist es aus meiner Sicht wichtig, Stauräume und Bedienungselemente für Gerätschaften ergonomisch sinnvoll zu platzieren. Ökologische Kriterien hängen stark von der Art des Bades und dem Nutzer ab. Bei der Wahl der Materialien versuche ich, auf fair und ökologisch unbedenklich hergestellte Produkte zurückzugreifen.

Herr Michel, danke für das Gespräch.