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Adalbert M. Neumann (rechts),
Vorsitzender der Geschäftsführung der Busch-Jaeger Elektro GmbH,
im Gespräch mit Jürgen Brandenburger.

Was verstehen Sie unter dem Begriff „Design“?

Design ist nicht nur die ästhetische Formgebung, es ist vielmehr die Symbiose aus der gestalterischen Form, dem User Interface und dem individuellen positiven Erlebnis mit dem Produkt.«

Wie wichtig ist Design bei der Entwicklung von Schaltern?

Design ist ein elementarer Bestandteil der Identität von Busch-Jaeger. Es steht für unsere Kernwerte: selbstbewusst, authentisch, innovativ und zukunftsorientiert. Ein Lichtschalter ist ein sehr komplexes Produkt, umso mehr, wenn ein komplettes Schalterprogramm mit zahlreichen unterschiedlichen Funktionen und Einsätzen entstehen soll. Daher gibt es bereits im frühen Entwicklungsstadium einen engen Austausch von Designern, Produktentwicklern und Konstrukteuren. Die Haptik ist sehr wichtig. Man muss etwas in der Hand haben. Es ist das „Touch-and-feel“ und das akustische Feedback. Designentwicklung ist emotional. Und ganz wichtig: Das Design muss auch in vielen Jahren noch modern und zeitgemäß sein.

Wie flexibel muss ein Schalter in der Innenarchitektur – im Raumambiente – sein? Darf er eigenständig sein oder muss er in das Ambiente fast „unsichtbar“ integriert sein?

Ein Lichtschalter wird nicht isoliert wahrgenommen, sondern er ist Teil des Raums. Ob die Schalter mehr auffallen oder sich integrieren sollen, hängt vom persönlichen Geschmack ab. Busch-Jaeger bietet zahlreiche unterschiedliche Schalterprogramme an, damit für jeden individuellen Wunsch etwas dabei ist.

Smart-Home-Anwendungen, insbesondere die Produkte der großen Datenkonzerne, stehen im Verdacht, Datensammlung zu betreiben und den „gläsernen Konsumenten“ zum Ziel zu haben. Wie kann dem entgegengewirkt werden?

Der Schutz der Privatsphäre ist ein Grundbedürfnis für jeden Menschen. Dafür, dass persönlicher Datenschutz und technische Datensicherheit stets gewährleistet sind, sind ein verantwortungsbewusstes Handeln des Smart-Home-Anwenders und eine fachgerechte Installation durch einen Experten entscheidend. Um Daten vor Diebstahl zu schützen, werden diese zwischen der Smart-Home-Anlage von Busch-Jaeger, dem mobilen Endgerät und dem Internetportal my.BUSCH-JAEGER für den Fernzugriff verschlüsselt übertragen.

Die Sicherheitskonzepte sind in Zusammenarbeit von Busch-Jaeger und ABB Research Centern erstellt worden. Außerdem werden diese regelmäßig von unabhängigen Einrichtungen, wie dem VDE-Prüf- und Zertifizierungsinstitut sowie weiteren IT-Security-Spezialisten, auf ihre Informationssicherheit überprüft.

Aktuellen Umfragen kann man entnehmen, dass die Bereitschaft der Kunden steigt, in Smart-Home-Anwendungen zu investieren. Bislang erreicht man aber eher die technikaffinen Vorreiter als die breite Masse: Wie sind Ihre Erfahrungen?

Der Trend zu Smart-Home-Lösungen ist schon seit mehreren Jahren klar ablesbar. Ähnlich wie beim Autokauf sind auch beim Thema Gebäudeautomation die Trendsetter technikaffin. Doch das Interesse an mehr Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz im eigenen Zuhause steigt generell. Das spüren wir sehr deutlich. Sowohl im Neubau- als auch im Modernisierungsbereich. Die Wachstumsraten bei unserer erfolgreichen Smart-Home-Lösung Busch-free@home® sprechen da eine deutliche Sprache.

Auf welche Anwendungen wird von Ihren Kunden am meisten Wert gelegt?

Die Favoriten unserer Kunden sind insbesondere die Themen Lichtsteuerung, Heizung und Klimatisierung und natürlich das Thema Sicherheit in Verbindung mit der Türkommunikation. Immer wichtiger wird es auch, eine intelligente Antwort darauf zu geben, wie die Unterhaltungselektronik sinnvoll in die Gebäudesteuerung mit einbezogen werden kann. Hier können wir unseren Kunden heute bereits sehr gute und sehr komfortable Lösungen anbieten. Und natürlich schätzen die Kunden die Möglichkeiten der Kombination mit Sprachsteuerungen der verschiedensten Anbieter sehr.

Was sehen Sie kurz- bis mittelfristig als chancenreich für eine breite Nutzung von Smart-Home-Anwendungen an?

Es wird sicher immer wichtiger, auf die ganz individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer eingehen zu können. Smart-Home-Systeme bieten heute schon eine unglaubliche Vielfalt an sinnvollen Vernetzungsmöglichkeiten – auch Gewerke-übergreifend. Dieser Markt wird in den nächsten Jahren noch signifikant wachsen. Denken Sie zum Beispiel mal an das Thema Energiesparen und an die Elektromobilität. Schon heute ist es kein Problem mehr, eine Solaranlage und einen Batteriespeicher in ein Smart-Home-System zu integrieren und auch noch eine Ladestation für Elektrofahrzeuge anzuschließen.

Nicht alle Elektrotechniker sind fit in der KNX-Programmierung und auch Architekten wissen oftmals nicht, was alles und auch wie alles vernetzt werden kann. Müsste seitens der Industrie hier nicht mehr helfend unterstützt werden?

Von Industrieseite aus unterstützen wir bereits mit verschiedenen Tools Elektroinstallateure, Planer und Architekten. In der Vergangenheit hat der Elektroinstallateur beispielsweise für die Planung eines Acht-Familienhauses mit Videoanlage, Außenstationen, Verdrahtungsplänen und Dokumentationen einen halben Tag gebraucht. Unser Busch-Welcome-Konfigurator unterstützt den Installateur, sodass er nun in vier bis sechs Minuten alles fehlerfrei planen kann. Diese Tools werden weiter an Bedeutung gewinnen. Und es liegt an uns, diese auch weiterhin zu fördern.«

Immer mehr Investitionen sowohl im privaten als auch im gewerblichen Wohnungsbau können nur noch zeitlich stark verzögert realisiert werden, da es an Fachkräften mangelt. Was tut die Industrie dagegen?

Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren eines Unternehmens sind motivierte und vor allem qualifizierte Mitarbeiter. Dies fängt bereits bei der Auswahl der Auszubildenden an. In der heutigen Zeit wird es immer schwieriger, qualifizierte Auszubildende zu akquirieren, denn der Handwerksberuf wurde bislang als eher veraltet und nicht als technisch innovativ angesehen. Das ist heute anders. Neue Technologien sind längst feste Bestandteile des Handwerksberufs. Wir unterstützen das E-Handwerk mit vielfältigen Informationen, beispielsweise mit Tipps für die Ansprache von Auszubildenden, und mit Weiterbildungsseminaren, die sowohl fachlich als auch betriebswirtschaftlich die Mitarbeiter schulen. Der Elektrotechnikbereich ist sehr innovativ und ein Berufszweig mit Zukunft.

Welche Rolle spielt denn das Thema Energieeffizienz für die Etablierung des Smart Homes?

Die Energiewende als dynamisches Ganzes ist ein gesellschaftliches Zukunftsprojekt. Die verbesserte Energieeffizienz durch eine clevere Steuerung in Häusern, Siedlungen und Städten wird in den nächsten Jahren noch mehr in den Fokus rücken. In Deutschland gibt es rund 19 Millionen Wohngebäude, von denen etwa 12 Millionen vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 gebaut wurden. Und genau hier liegen hohe Einsparpotenziale. In der Energiewende spielen immer mehr Privathaushalte, Unternehmen und Kommunen eine aktive Doppelrolle. Die Zukunft des intelligenten Wohnens sind Prosumer Buildings. Prosumer sind Konsumenten, die gleichzeitig Produzenten sind. Mit einer Photovoltaik-Anlage, einer Kleinwindkraft-Anlage oder einem Blockheizkraftwerk (BHKW) erzeugen die Verbraucher selbst Strom, den sie für den eigenen Verbrauch nutzen oder in das Netz einspeisen. Und das Elektroauto ist Teil dieser neuen Infrastruktur.

Was benötigt die mobile Vernetzung, um sich weiterzuentwickeln?

Interoperabilität und Interkonnektivität übernehmen wichtige Funktionen. Nach dem Motto „Alles was vernetzt werden kann, wird vernetzt“. Mit dem „Smarter Home Developer Programm“ öffnet Busch-Jaeger seine Systeme für externe Entwickler. Wir möchten mit weiteren Partnern das intelligente Wohnen noch smarter machen. Dieses Thema leben wir schon lange in den verschiedensten Bereichen der Gebäudeautomation, beispielsweise durch Kooperationen mit Gardena, Miele und Bang & Olufsen.

Welche Vorteile bietet Building Information Modeling (BIM)?

Die Vorteile von BIM sind unter anderem hohe Qualitätskriterien. BIM bietet sowohl eine Dokumentation des Gebäudes als auch eine Qualitätssicherung. Ein weiterer Aspekt ist, dass Planungen anderen zur Verfügung gestellt werden können. Darüber hinaus ergeben sich für uns neue Märkte auf der Innovationsseite. Wir werden mit Architekten enger zusammenarbeiten als jemals zuvor, weil wir so unsere Innovationen an deren Bedürfnissen spiegeln können.

Wie sehen Sie die Zukunftsaussichten durch BIM (Building Information Modeling) für das Baugewerbe und insbesondere für die Elektrobranche?

Zukünftig können wir über den „Digitalen Zwilling“ die Simulation erstellen und sind frei in der Gestaltung. Wir können mit Werkstoffen spielen und ganz neuartige Gebäude bauen. Wichtig für die Elektrobranche wird sein, bestehende Produkte in BIM-Projekte zu integrieren. Wenn dann neue Projekte entstehen, müssen wir genau zuhören, welche Anforderungen an uns gestellt werden.

Abschließend – wie wird sich das Thema Smart Home weiterentwickeln?

Vernetzung macht das Leben, Arbeiten und Wohnen komfortabel, sicher und effizient. Von derzeit rund zwei Millionen vernetzten Häusern und Wohnungen wird die Zahl bis 2022 auf acht Millionen steigen. Schon heute können wir voraussagen, dass sich Smart Home und Smart Building demnächst selbsttätig und vorausschauend an die Bedürfnisse der Nutzer und der Umgebung anpassen können und zunehmend autonom handeln. Das Gebäude wird wesentlicher Bestandteil einer umfassend digitalisierten Umgebung sein, wie beispielsweise einer Smart City oder smarten Energienetzen.

Herr Neumann, besten Dank für das Gespräch!