+49 7159 4068880 dialog@mhbr.de

Graffitikunst in der Innenarchitektur

Graffitikunst ist nicht gleichzusetzen mit jenen meist illegal gesprühten Bildern und Schriftzügen, die in vielen Innenstädten im öffentlichen Raum, aber auch in privaten Haushalten beträchtlichen Schaden verursachen. Gleichwohl kann auch manch ein wild gesprühtes Graffitibild von unbekannten Sprayern durchaus Kunst sein. Einer der engagiertesten Graffiti- und Mixed-Media-Künstler ist der in London lebende Lee Herring; seine zeitgenössischen abstrakten Landschaften sind farbenprächtig und strukturiert.

Die Kunstwerke symbolisieren Lebensfreude, zugleich aber auch Demut vor der Schönheit der Natur. Herring zeigt sich inspiriert von seinem alltäglichen, ganz normalen Leben. Er fängt auf Landspaziergängen Beobachtungen ein, ob Plakate, Textilien oder Sonnenuntergänge, speichert Details aus flüchtigen Szenen und setzt diese in Farbausschnitte um. Die kreativen Arbeitsmittel sind Sprühfarben, Marker und Acrylfarben, mit denen er Schichten von strukturierten Hintergründen erstellt. Fett gedruckte Ebenen werden manipuliert, um verborgene Ritzen und Farben zu entdecken. Jedes Bild entwickelt sich in einem frei fließenden, spontanen Prozess, wobei jeder Arbeitsschritt den nächsten beeinflusst. Palettenmesser, Kellen und Schaber sind die Hauptwerkzeuge, der Pinsel ist verboten!

Schicht um Schicht wird aufgebaut, um eine abstrakte, expressive Wirkung zu erzeugen, ohne dass ein grundlegender Gedanke oder gar Plan dem Werk von Beginn an zugrunde liegen würde. Neonspritzer und Pastellfarbtöne und die dicke, pastose Textur kreieren Lee Herrings einzigartigen Stil. Mit den Acrylfarben arbeitet er in einer experimentellen Mischtechnik, Motive tauchen von der Oberfläche auf, werfen Schatten und schaffen somit gedanklichen Platz für individuelle Interpretation. Lee Herring wurde in der Hafenstadt Sunderland im Nordosten Englands geboren, schon von Kindheit an lebte er seine kreative Ader aus. Folgerichtig studierte er später Kunst an der Universität von Chester. Hier entdeckte er seine Liebe zur Malerei und entwickelte schon früh seine unverwechselbare Maltechnik. Nach drei Jahren schloss der Künstler mit einem First-Class-Preis ab und wurde mit dem begehrten Universitätspreis ausgezeichnet. 2018 entstand eine Zusammenarbeit mit dem finnischen Designkollektiv Feathr, das 2015 von dem Ehepaar Anne und Tom Puukko zusammen mit Kreativdirektor Oliver Green gegründet wurde.

Zu den Künstlern, die mit dem Kollektiv zusammenarbeiten, gehören die abstrakte Künstlerin Reeta Ek, der Straßenkünstler Marcos Navarro, der Tätowierer Liam Sparkes, der modernistische Grafiker Peter Judson, das Berliner Graffiti-Duo 44flavours sowie die bekannte amerikanische Künstlerin Kiki Slaughter. 2017 wurde das Designkollektiv bei den World Interiors News Awards mit dem Surface of the Year 2017 ausgezeichnet. Die Zusammenarbeit mit Lee Herring erstreckt sich auf zwei seiner Bilder, die auf Tapeten beziehungsweise Wandbilder reproduziert wurden. Die Schwierigkeit der Reproduktion auf Tapetenpapier lag in der erforderlichen extrem hohen Präzision. Um die Farbflecken und -tupfer farbecht und entsprechend der intendierten Interpretation des Künstlers wiederzugeben, musste die charakteristische Ausstrahlung der Wandbilder unbedingt erhalten bleiben. „Glowing Shards“ zeigt Herrings typische Graffiti-Geometrie, die sich über ein Feld wilder Blumen erstreckt.

Das Tapetenwandbild ist sowohl in einem reichen Kobaltblau als auch in einem weichen Nordic Grey erhältlich. „Neon Bunting“ ist eine spielerisch moderne Interpretation der britischen Tradition einer Sommerparty. Herring hat hier seinen Gebrauch von Sprühfarben maximiert: Aus Pastellhintergründen springt eine Neon-Graffiti-Fahne heraus. Das Wandbild ist in Electric Blue oder Soho Pink erhältlich. Die Wandbilder gibt es für Wände bis zu 4,7 Metern Breite und 3,2 Metern Höhe zu einem Preis von 59 Euro pro Quadratmeter.

Text | Jürgen Brandenburger
Fotografie | Hersteller Designkollektiv Feathr, www.feathr.com/leeherring